Matrikelblatt aus dem Jahre 1532

Matrikelblatt Hans Ulrich II Schilling von Canstatt, laut Familiengeschichte geb. 1485, war Erbschenk in Schwaben seit 1260, Herr zu Owen und Wielandstein, Burgvogt zu Tübingen und Doctor juris (Tübingen). Er war seit 1522 mit Anna Speth von Sulzburg verheiratet, deren Eltern mit Melanchton befreundet waren. Dieser hatte ebenfalls in Tübingen studiert. Ulrich dürfte ihn, obwohl dieser 12 Jahre jünger war, bereits damals gekannt haben.

Laut Stupperich Bd.VII, 2, 1975, S.62, war Ulrich 1527 Pate bei Melanchthons 2.Sohn, Georg. Seit Sommer 1527 war er in Wittenberg immatrikuliert und im Winter 1531/32 Rektor der Universität.

1974 wurde auf einer Ausstellung in Basel ein Matrikelblatt der Universität Wittenberg gezeigt, jetzt mit den anderen Unterlagen dieser Universität in Halle.

Das Blatt war von Lukas Cranach d.Ä. gemalt. Es zeigt im Großformat das Wappen - die goldene Weinkanne im roten Felde - umrahmt von 4 kleinen Medaillons mit Bildchen von Dr. Martin Luther (links oben), Melanchthon (rechts oben), Agricola (links unten) und Erasmus von Rotterdam (rechts unten), dazu (hier nicht sichtbar) Ulrich Schilling von Canstatt, Dr. juris und Rector magnificus, darunter 1532.

Das historische und geographische Lexikon von Jakob Christof Iselin, erschienen 1717 in Basel bei Brandmüller, Bd. 4, weist ihn ebenfalls 1531 als Rector magnificus in Wittenberg aus. Ebenso das Große Vollständige Universallexikon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 34, 1742 in Halle und Wittenberg erschienen. Im Album Academiae Wittenbergensis von Foerstmann, Bd. 1, erschienen in Leipzig "Anno domini MDXXXII per semestre hybernum" werden u.a. die Namen der Studenten benannt, die seine Vorlesungen belegt haben.

Soweit wir orientiert sind, bestand damals eine Universität aus 4 Fakultäten: Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie. Aus diesen wurde der Rektor meist für 1 - 2 Jahre gewählt. Die Wahl fiel auf schon längere Zeit an der Universität tätige und bewährte Lehrer, die jeweils aus den Fakultäten in der oben angegebenen Reihenfolge entnommen wurden. So dürfte Ulrich mindestens 5 - 8 Jahre an der Universität gewesen sein. Möglicherweise hat Melanchthon den älteren süddeutschen Kollegen nach Wittenberg geholt. Er selbst hatte in Tübingen seit 1514 gelehrt und war 1518 als Professor der griechischen Sprache nach Wittenberg berufen.

Melanchthon wurde unseres Wissens später wegen seiner Neigung zur calvinistischen Abendmahlslehre von den strengen Lutheranern heftig bekämpft. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass Ulrich infolge seiner wohl engen Verbindungen mit Melanchthon nach 1532 von Wittenberg fortging. Ein anderer Grund könnte gewesen sein, dass man ihn, der mehrere Güter in Schwaben besaß und dort, wie auch aus vorhandenen Briefwechseln hervorgeht, eine Rolle spielte, zurückgerufen hatte, da seine engere Heimat durch den Bauernaufstand erheblich bedroht wurde. Außerdem wurde die Stadt Tübingen 1547 von spanischen Truppen eingenommen. Zusammen mit dem Obervogt Herter von Herteneck verteidigte er die Veste jedoch erfolgreich. Wann Ulrich evangelisch wurde, ist nicht genau bekannt. Es sieht so aus, dass dies erst endgültig nach 1540 geschah. Er hat dem Luthertum jedoch sicher seit seiner Wittenberger Zeit sehr nahe gestanden, wie man auch aus Briefen des Herzogs Ulrich annehmen kann. Er starb 1552.

Ulrichs Bruder war Georg SvC., Großprior des Johanniter Ordens in Deutschland und in dieser Stellung erster Reichsfürst von Heitersheim. Er hatte wesentlichen Anteil an der Verlagerung des Ordens nach Malta. 1535 befreite er Karl V. aus dem von den Türken belagerten Tunis. Über ihn gibt es viele Unterlagen. In der Zimmerschen Chronik heißt es übrigens: "Den Luthrischen Predikanten war er gar serre gram"! Trotzdem haben sich die beiden Brüder sehr gut verstanden. Noch ungeklärt ist, warum Ulrich in so herausgehobener Art mit den 4 Persönlichkeiten auf dem Matrikelblatt zusammengebracht wird. Man kann wohl annehmen, daß sich das Blatt auf eine Konferenz bezieht, die der Rektor Schilling 1532 einberufen hat. Der u.a. dort dargestellte Agricola dürfte wohl der Bedeutung der anderen entsprechend der finnische Reformator dieses Namens sein, nicht ein Schüler Luthers, der ebenfalls aus Eisleben stammte und sich auch Agricola nannte. Spalatin und Ulrich Schilling dürften sich vermutlich gut gekannt haben.